Die Merck KGaA hat sich dazu entschieden, den finanziellen Steuerungsansatz radikal neu zu denken, um die gestiegenen Anforderungen an das Geschäft in einer dynamischen Umwelt zu bewältigen. Hierfür erhielt Merck den ICV Controlling Excellence Award 2023. Ilja Döring und Kathrin Montry berichten, wie das Projekt “LEAP” die Unternehmenssteuerung verändert.
Agile Steuerung zur flexiblen und bedarfsgerechten Ressourcenallokation
Mit dem Ziel, die statische, intern ausgerichtete und von einer hohen manuellen Arbeitslast geprägten Steuerung zu revolutionieren, wurde das Projekt “LEAP” gegründet. Kernidee ist die Schaffung einer “Excessive-Impression”-Kultur und einer flexiblen und bedarfsgerechten Ressourcenallokation zur agilen finanziellen Steuerung, befähigt durch klare Prozesse, technologischer Unterstützung und individuellem Dedication. Damit ändert Merck grundlegend die Artwork und Weise, wie das Unternehmen gesteuert wird, um Wertschöpfung zu generieren. Folgender Abbildung verdeutlicht die Neuausrichtung der finanziellen Steuerung:
In der Vergangenheit wurden bei Merck die Kernfragen zur Steuerung: “Was wollen wir erreichen?” (Zielsetzung), “Wie können wir es erreichen?” (Ressourcenallokation) und “Was denken wir, was passieren wird und wie reagieren wir darauf?” (Steuerung) in langwierigen, starren Prozessen und mehreren Iterationen je Steuerungsinstrument verhandelt und der eigentliche Sinn und Zweck aus den Augen verloren. Die Organisation beschäftigte sich das ganze Jahr mit der Erstellung der Instrumente, statt aktiv zu steuern (vgl. folgende Abbildung).
Mit “LEAP” wurde daher jeder Planungsanlass hinsichtlich des Ziels und Zwecks hinterfragt und überarbeitet.
Kein statisches Price range mehr
Das Ergebnis ist ein vom Forecast entkoppeltes Goal Setting für eine möglichst wirkungsorientierte, operative Steuerung. Der Goal Setting-Prozess wird genutzt, um zu definieren, was erreicht werden soll (Mercks zukünftige Ziele). Jährliche Verpflichtungen zu gemeinsamen Zielen und Prioritäten werden formuliert, um Entscheidungen stärker wirkungsorientiert treffen zu können, anstatt sich auf die Frage nach fixen Budgets zu konzentrieren. Dadurch wird den operativen Einheiten eine Richtung und Leitplanken top-down zugewiesen. Zudem werden bei der Zielsetzung vermehrt externe Faktoren wie Peervergleichen (Benchmarking), geschäftsspezifische Marktentwicklungen sowie makroökonomische Entwicklungen miteinbezogen.
High-down Goal Setting
Zu Beginn des Goal Settings definieren Bereichs-CEOs und -CFOs top-down und ohne vorherige Abstimmung konkrete Vorschläge für Bereichsziele auf der Grundlage von Referenzpunkten und stellen diese in der Vorstandssitzung vor. Die Summe aller Bereiche präsentiert das Gruppenziel und ein Ambitionsbereich um die High-KPIs. Auf der Grundlage des Vorschlags für die Bereichsziele und der Zielspanne der Gruppe entscheidet der Vorstand über die Ziele für die Bereiche und die Gruppe. Nach der Genehmigung durch den Vorstand folgt ein weiterer Prozess für die Aufschlüsselung der Ziele in Geschäftsbereiche (aggregiert, nicht ins Element) und die Übersetzung in und Anreicherung mit bereichsspezifischen Zielen.
Rollierender Forecast
Der Forecast wurde dahingehend überarbeitet, eine realistische Sicht auf die wahrscheinliche Entwicklung zu geben und eine unvoreingenommene Einschätzung der künftigen Leistung aufzuzeigen. Dadurch können Abweichungen vom Ziel clear gemacht, Maßnahmen proaktiv ausgelöst und Ressourcen flexibel zugewiesen werden. Somit kann schnell auf Veränderungen der erwarteten Leistung und auf festgestellte mittelfristige Beobachtungen reagiert und die profitabelsten Möglichkeiten identifiziert und verfolgt werden.
Hierdurch ist es möglich, komplett auf ein klassisches Price range zu verzichten. Der Forecast wird nicht als Price range substituiert und für die Zielsetzungsdiskussion instrumentalisiert. Gleichzeitig wird der Planungsprozess deutlich verschlankt (vgl. obige Abbildung).
Stufenweises Vorgehen und aktives Changemanagement
Solche tiefgreifenden und fundamentalen Eingriffe in die Steuerung werden nicht von einem auf den anderen Tag implementiert und gelebt.
Auf dem Weg zur “Excessive-Impression”-Kultur
Merck startete 2022 in den Transformationsprozess und ist noch nicht am Ende angekommen. Die obige Abbildung zur Implementierungsroadmap zeigt den Weg, den das Unternehmen bereits gegangen ist und noch zu bestreiten hat. Nichtsdestotrotz befindet sich der Innovationstreiber auf einem vielversprechenden Weg hin zu einer “Excessive-Impression”-Kultur, den es weiter mit Spannung zu beobachten und zu verfolgen gilt.
Über das Unternehmen: Die Merck KGaA gehört mit einem Jahresumsatz in Höhe von 22,2 Milliarden Euro und über 64.200 Mitarbeiter in 66 Ländern mit zu den größten Unternehmen im Bereich Life Science und Healthcare in Deutschland.
Über die Referenten:
Kathrin Montry ist als Senior Principal Skilled Controlling bei Merck KGaA tätig. Ilja Döring ist Head of Enterprise Planning & Evaluation bei Merck KGaA.
Das könnte Sie auch interessieren:
Verbesserter Planungsprozess: Merck gewinnt ICV Controlling Excellence Award