Flensburg – Immer wieder bediente er sich vom Konto der Schule – als wäre es sein ganz privates Sparbuch.
Insgesamt 97 Mal (!) hat der geständige Peter S., damals Direktor der Käte-Lassen-Schule in Flensburg-Jürgensby, das Schulkonto für personal Zwecke missbraucht.
Vom 9. Dezember 2016 bis 30. Juli 2021 hob er vom Konto bei der Nordostsee-Sparkasse Geld ab oder bezahlte mit der EC-Karte Rechnungen – alles möglich durch sein alleiniges Zugriffsrecht.
Die abgehobenen Beträge reichten von 50 bis 900 Euro. Gesamtschaden: 44 454,50 Euro. Das Geld stammte zum überwiegenden Teil aus Kopie-Erträgen, Spenden und Preisgeldern. So gewann die Käte-Lassen-Schule vor drei Jahren 12 000 Euro für die Auszeichnung als „Schule des Jahres“.
Am Freitag Prozess vor dem Schöffengericht Flensburg gegen den diebischen Direktor. Anklage: gewerbsmäßige Untreue unter Missbrauch seiner Befugnis als Amtsträger.
Wofür ging das Geld drauf?
Der Angeklagte: „Ich habe immer über meine Verhältnisse gelebt. Obwohl ich neben dem Job als Schuldirektor noch weitere Einnahmen hatte.“ Sein Einkommen: rund 4500 Euro netto/Monat (Gehaltsstufe A 15). Plus Honorare von der Volkshochschule, weil er die Prüfung für Realschulabschlüsse abnahm. DAS reichte ihm aber alles nicht.
Der Angeklagte: „Ich hatte die EC-Karte der Schule immer im Portemonnaie. Ich habe das Geld im Outlet Neumünster, auf Sylt oder auch in Bayern im Urlaub mit meiner Tochter ausgegeben.“ Außerdem glich er immer wieder auch sein privates Konto damit aus, um nicht ins Minus zu kommen.
Und ohne danach gefragt worden zu sein, sagt der Ex-Direktor vor dem Schöffengericht: „Es geht nicht um Intercourse. Ich bin nicht spielsüchtig. Ich nehme auch keine Drogen.“ Sehr viel Geld will er auch für seine Tochter ausgegeben haben: „Nach der Trennung von meiner Frau. Meine Tochter lehnte die neue Beziehung ab. Ich wollte mir die Zuneigung von meiner Tochter erkaufen.“
Wie kam der Betrug raus?
Der Angeklagte erstattete eine Selbstanzeige, wurde sofort suspendiert. Zuvor hatte er 17 Jahre die Käte-Lassen-Schule geleitet. Damit battle der damals 64-Jährige einer der dienstältesten Schulleiter in der gesamten Area. Doch so ganz freiwillig kam die Selbstanzeige wohl nicht zustande. Denn Kollegen waren ihm auf der Spur.
So sagte Susanne B. (62), Schulrätin seit 2008 in Flensburg, als Zeugin aus: „Als ich ihn auf das Schulkonto ansprach, sagte er, dass es kein Vier-Augen-System gibt. Und dass nur er einen Konto-Zugang habe.“ S. wollte sie additionally offensichtlich abwimmeln.
Doch die Schulrätin ließ nicht locker: „Ich verlangte von ihm, die Rechnungen der letzten zehn Jahre zu dokumentieren. Aber er wollte nur das letzte Jahr belegen.“ Kurz danach kam es dann erst zur Selbstanzeige und später zur Krankschreibung des Schuldirektors.
Den Schaden hat Peter S. inzwischen wieder komplett ausgeglichen. Wie das? „Ich habe mein Audi Cabrio verkauft. Den hatte ich aus einer Lebensversicherung bezahlt.“ Der Richter: „Wie kommen Sie jetzt finanziell klar?“ Der Angeklagte: „Ich komme nun mit wesentlich weniger Geld aus. Keine Klamotten. Ich gehe nie raus aus dem Haus. Nur Golf spiele ich mehrmals in der Woche.“
Urteil: Peter S. kommt noch mal mit einem blauen Auge davon. In den Knast muss der Ex-Schulleiter nicht! Die Schöffenkammer verurteilt den 66-Jährigen zu zwei Jahren auf Bewährung. Dazu muss er 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit ablegen. Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer sogar 2 Jahre und 6 Monate Haft gefordert.
Der Richter: „Sie waren in einer herausragenden Stellung, hatten eine Vorbildfunktion.“ Zu den Taten: „Sie haben es überhaupt nicht nötig gehabt. Nicht für Schulden, Not oder sonst etwas. Sondern für einen gehobenen Lebensstil.“
Da die Verurteilung zwölf Monate übersteigt, verliert Peter S. – sollte das Urteil rechtskräftig werden – seine Pensionsansprüche. In der Folge wird er dann rentenversichert. Damit halbiert sich der ursprüngliche Pensionsanspruch.
Die Folgen der Untreue für das Land Schleswig-Holstein: 2020 hatte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) eine neue Schulkonten-Richtlinie erlassen. Für das Schulkonto gilt seither das Vier-Augen-Prinzip. Der Schulleiter darf dementsprechend nicht allein über das Geld verfügen. Zwei weitere Lehrkräfte, die das Konto einmal im Jahr prüfen, werden von der Schulkonferenz gewählt. Und die Schulaufsicht überprüft diese Prüfungsergebnisse.