15.09.2023 – Mit dem Geld aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) will die Bundesregierung Klimaschutz und Transformation finanzieren. Die Ausgaben sollen im nächsten Jahr kräftig steigen: von 36 auf 58 Milliarden Euro. Eine Studie des Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Analysis Institute on World Commons and Local weather Change) betrachtet die geplante Mittelverwendung und spricht von einem Schattenhaushalt. Einige der Vorhaben müssten eigentlich mit dem regulären Bundeshaushalt finanziert werden.
Das Autorenteam bemängelt, dass Entscheidungen über Prioritäten fehlen: welche Ausgaben in den Kern- und welche in den Schattenhaushalt gehören und ob man den Schwerpunkt im Fonds auf Investitionsförderung oder sozialen Ausgleich legen soll.
Schuldenbremse im Kernhaushalt, gestiegene Ausgaben im Klimafonds
Anlass der Analyse ist die mittelfristige Finanzplanung des Bundes, die vergangene Woche im Bundestag eingebracht wurde. Während der Kernhaushalt im Jahr 2024 mit 446 (Vorjahr 476) Milliarden Euro Ausgaben erstmals seit 2019 die Vorgabe der Schuldenbremse einhält, nämlich neue Kredite von maximal 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung, wird der KTF stark ausgeweitet: Er ist dann größer als die Etats des Wirtschafts- und des Verkehrsministeriums zusammen.
Größte Ausgabe-Posten sind die Gebäudeförderung, die mit 19 Milliarden Euro ein Drittel der Ausgaben ausmacht, und die Finanzierung der früher über die Stromrechnungen beglichenen Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage), die mit 12,6 Milliarden Euro beziffert wird.
Zuschüsse für Bahn und Chip-Hersteller
Aber auch Milliardenzuschüsse für Schienenwege der Bahn und eine Intel-Chipfabrik in Magdeburg werden jetzt aus dem Fonds bezahlt. „Zur Begründung heißt es, dass Halbleiter-Produktion für klimafreundliche Technologien wichtig ist“, sagt Brigitte Knopf, MCC-Generalsekretärin und Autorin der Studie. „Aber bei genauer Betrachtung entsteht der Eindruck, dass der KTF zunehmend sachfremd ausgestaltet wird, offenbar als politisches Allzweck-Instrument, damit der Kernhaushalt nicht zu sehr belastet wird.“ Das wird auch deutlich beim Thema Bahn: „Es steht seit 1993 im Grundgesetz, dass der Bund als Eigentümer für Ausbau und Erhalt des Schienennetzes verantwortlich ist, das hat mit Klima erstmal nichts zu tun“, erläutert Co-Autor Niklas Illenseer. „Die Regierung müsste, wenn die Schuldenbremse die Ausgaben begrenzt, im Kernhaushalt anderswo umschichten oder weitere Spielräume schaffen. Davor drückt sie sich durch das Auslagern von Kernaufgaben der Ministerien.“
Klimageld bis 2027 nicht vorgesehen
Die Studie zeigt auch, dass es an Handlungsspielraum für sozialen Ausgleich in der Klimapolitik fehlt. Für das „Klimageld“, das 2021 im Koalitionsvertrag als Auszahlung an alle Bürgerinnen und Bürger angekündigt wurde, ist in der bis 2027 reichenden mittelfristigen Finanzplanung noch kein Geld vorgesehen. Das Klimageld soll Mehrkosten durch steigende CO2– und Energiepreise abfedern.
Das aus der Koalition zu hörende Argument, dass die Bundeshaushaltsordnung die Budgetierung von Programmen ohne finalisiertes Konzept verbietet, lässt das Autorteam nicht gelten: Ein dafür notwendiges Klimageldgesetz könne man schnell auf den Weg bringen, und der Auszahlungskanal soll laut Finanzministerium bis 2024 stehen.
Laut der Studie wäre je nach Berechnungsmethode, mit Blick auf die steigenden Einnahmen durch CO2-Bepreisung, eventuell schon 2025 ein Klimageld zu rechtfertigen. Doch es rückt nur näher, wenn andere Posten in den Kernhaushalt umgeschichtet werden. Für 2026 und 2027 übersteigen die geplanten Ausgaben bereits die veranschlagten Einnahmen. Eine Geldspritze von 60 Milliarden Euro aus Mitteln, die eigentlich zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gedacht waren, ist bis 2026 verbraucht. Einzige Einnahmequelle ist dann die steigende CO2-Bepreisung über den EU-Emissionshandel und den nationalen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr.
„Um die Überdehnung des Klima-Schattenhaushalts zu beenden und das Klimageld zu ermöglichen, braucht es nun eine politische Grundsatzentscheidung“, empfiehlt MCC-Generalsekretärin Knopf: „Die Bundesregierung sollte den Klimaschutz als Staatsaufgabe prinzipiell im Kernhaushalt integrieren und dort alle Ausgaben für die entsprechende öffentliche Infrastruktur unterbringen. Das ist Teil der staatlichen Daseinsvorsorge. Nur durch einen solchen Schritt steht im Klimafonds, über die Förderung grüner Investitionen von Unternehmen hinaus, genügend Geld zur Verfügung: für sozialen Ausgleich etwa über das Klimageld und für die notwendige Unterstützung von Investitionsprogrammen für non-public Haushalte.“ pf