Am Obersalzberg trifft oberbayrische Postkartenidylle auf NS-Geschichte. Ein neues Dokumentationszentrum geht nun das ideologisch verminte Terrain direkt an.
Es sind oft kleine, unscheinbare Dinge, die Weltgeschichte plötzlich begreifbar machen. Eine Streichholzschachtel zum Beispiel. Sie ist eines der Exponate in der Ausstellung der neuen Dokumentation am Obersalzberg, wo sich das Institut für Zeitgeschichte München – Berlin um Aufklärungsarbeit betreffend den Ort und seine NS-Vergangenheit bemüht hat. «Millionen Zündhölzer. Ein Schicksal», sagt der Historiker und Dokumentationsleiter Sven Keller vor der Vitrine mit der Streichholzschachtel. Sie wurde auf schwarz-weiss-rot gestreiftem Hintergrund mit dem Propagandaslogan «Ein Volk – Ein Reich – Ein Führer» bedruckt, mit dem die Nationalsozialisten 1938 in Österreich für den sogenannten Anschluss ans Deutsche Reich warben. Die Nazis zwangen die österreichische Firma Solo, solche Aufdrucke für eine Million Streichholzschachteln herzustellen. Als Österreich dann Teil des Deutschen Reiches wurde, bedeutete das für die Familie des jüdischen Firmeninhabers Ernst Fürth Flucht und Tod. Österreichs Eingliederung – beschlossen wurde sie auf dem Obersalzberg.