Dienste der Künstlichen Intelligenz glänzen oft dann, wenn man ihnen vorgefertigte Informationen bereitstellt und daraus mittels KI Ableitungen erstellt. Eine Grenze erreicht der prominenteste KI-Veteran ChatGPT jedoch, wenn es um die Menge der bereitgestellten Informationen geht: Der mehrere Hundert Seiten starke Geschäftsbericht eines DAX-Unternehmens ist nicht mal eben mit Copy-and-paste in das Chat-Fenster hineinkopiert. Versucht man es dennoch, meckert die Maschine über die Länge. Auch die Erweiterung „Superior Knowledge Evaluation“ (erweiterte Datenanalyse) bei GPT-4, mit der Dateien hochgeladen werden können, endet fruchtlos. Sie reduziert das Dokument auf die ersten 500 Zeichen.
Einen Ausweg bieten PDF-Analyse-KIs. Wir hatten schon einmal chatpdf.com vorgestellt, das für mittlerweile nur noch zwei kleinere Dokumente am Tag kostenlos funktioniert. Ist das zu untersuchende Dokument größer und die Befragung ausgiebiger, muss man die Kreditkarte zücken – und möglicherweise den Dienstleister wechseln. So gelingt es für 15 Greenback im Monat bei dem Dienst PDF.ai, den 347-seitigen Geschäftsbericht beispielsweise von Adidas fürs Jahr 2022 hochzuladen. Fragt man anschließend nach den wichtigsten Kennzahlen, so antwortet die Maschine mit Spiegelstrichen und benennt Umsatzerlöse, Bruttoergebnis, Ebitda und so weiter – jeweils mit einem Vergleich zum Vorjahr. Fragen wie Antworten gelingen auf Deutsch. Es empfiehlt sich, diese Daten noch einmal im Dokument konkret zu suchen. Denn vor Missinterpretationen ist man bei allen KI-Diensten nie gefeit.
PDF.ai bietet im zweigeteilten Bildschirm dafür eine Stichwortsuche. Hyperlinks sieht man das PDF, rechts die Antworten auf gestellte Fragen. Mittels Strg-F unter Home windows beziehungsweise Command-F auf dem Mac öffnet sich das Stichwortsuche-Fenster.
Zusätzlich bietet der Dienst unter seinen Antworten Verlinkungen zu den jeweiligen Seiten im PDF, aus denen er seine bereitgestellten Informationen bezieht. So kann (und sollte man) die Antworten überprüfen.
Ans Eingemachte geht es bei der PDF-Analyse, wenn man zunächst eine andere KI nach einem Immediate, einer Regieanweisung additionally, befragt. „Schreib mir einen Immediate, mit dem ich einen Geschäftsbericht auf die wichtigsten Kennzahlen reduzieren kann.“ ChatGPT-4 nennt dann beispielsweise auch so offenbar lästige Dinge wie den Marktanteil und die Kundenabwanderungsrate.
Konfrontiert man das PDF in der Maschine PDF.ai wiederum mit diesen Stichpunkten, fällt der KI auf: „Der Marktanteil wird in dem gegebenen Dokument nicht explizit erwähnt. Es gibt keine Informationen über den genauen Marktanteil des Unternehmens.“ Eine manuelle Prüfung des Beispieldokuments ergibt: Der Konzern Adidas spricht in seinem Bericht zwar sechsmal über Marktanteile, konkrete Zahlen werden aber nicht genannt. (Tatsächlich erreichte Adidas 2022 laut Statista einen Marktanteil von neun Prozent, hinter Nike und der weiteren Nike-Marke Jordan.) Interessant ist eben auch, was jemand im Geschäftsbericht nicht sagt.
Auch interpretierende Analysen werden so mithilfe von KI möglich. „Mach eine SWOT-Analyse auf Deutsch“ bringt als Immediate innerhalb von PDF.ai Antworten über die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken aus dem PDF hervor. Das Ergebnis entspricht vermutlich noch nicht den hohen Ansprüchen an eine „richtige“ SWOT-Analyse. Doch bieten sich Anhaltspunkte für weitere Nachfragen.
Auf diese Artwork und Weise lässt sich mit dem PDF chatten. PDF.ai ist auch als Plug-in für ChatGPT-4 erhältlich, dort heißt es „Ai PDF“. Diese Plugins (Erweiterungen) sind nur in der kostenpflichtigen Model 4 hinzuschaltbar, nicht unter GPT-3.5. Dann kann man direkt aus ChatGPT die Internetadresse des zu untersuchenden Dokuments angeben. Und zusätzlich kann es als Erweiterung für den Browser Chrome installiert werden. Dann gelingt die Abfrage von Particulars direkt im Browser. Außerdem bietet der Dienst numerous kleinere Werkzeuge, um Dokumente weiterzuverarbeiten.
Wie immer gilt aber beim Hochladen eigener Dokumente auf fremde Web sites: Datenschutz und Nutzungsrechte sind zu beachten. Gerade Bewerbungsunterlagen sind höchst persönliche Dokumente. Und Geschäftsgeheimnisse will man gewiss nicht mit KI-Unternehmen teilen, deren Datenschutzerklärung im Eifer der allgemeinen KI-Euphorie zunächst spartanisch erscheint. Eine in Deutschland übliche Auftragsdatenverarbeitung sucht man bei PDF.ai bislang vergebens. Aus gutem Grund haben Konzerne mittlerweile eigene KIs für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgesetzt.
Neben PDF.ai gibt es eine Reihe weiterer KI-basierter PDF-Dienste, zum Beispiel askyourpdf.com. Im Check mehrerer Angebote waren allerdings keine so überzeugend wie PDF.ai. Wer dennoch weitere Kandidaten testen möchte, prüfe bei der Suchmaschine „There’s an AI for that“ (Dafür gibt’s eine KI) in der Rubrik „Document Q&A“ die gelisteten Angebote und sortiere die Treffer nach „Most Saved“ (am häufigsten von Nutzern gespeichert). Rund 100 Anbieter gibt es für das Thema „Dokumente befragen“ (Stand Oktober 2023).